Diplomarbeit "Eine Klassifizierung von Geschäftsmodellen im Internet" – Organisatorische Erfolgsfaktoren

Auszug aus der Diplomarbeit „Eine Klassifizierung von Geschäftsmodellen im Internet„.

2.1.2 Organisatorische Erfolgsfaktoren

Neben den technischen Erfolgsfaktoren erfordern auch organisatorische Faktoren eine gesonderte Betrachtung. Hierbei stehen vor allem die inhaltliche Gestaltung des Internet-Angebots sowie die zusätzlich angebotenen Dienstleistungen und Informationen im Vor-dergrund.

2.1.2.1 Benutzerführung/Navigation

Bei Electronic-Commerce-Angeboten wird das elektronische Einkaufserlebnis von der Benutzerführung, den mit dem Einkauf verbundenen objektiven und subjektiven Risiken sowie den Services bei der Durchführung des Bestellvorgangs bestimmt. Vor dem Hin-tergrund der Fülle an ungeordneten Informationen im Internet spielt die zielgerichtete Navigation für den Konsumenten eine zunehmende Rolle.

Erfolgreiche Anbieter legen einen hohen Wert auf eine einfache, gut strukturierte und kundenorientierte Benutzerführung. Eine gute Benutzerführung ist beispielsweise ge-kennzeichnet durch Bestseller und Sonderangebote direkt auf der Homepage, durch einfache und schnelle Suchmöglichkeiten sowie durch einen schnellen Seitenaufbau.

Die Benutzerführung sollte dem potentiellen Kunden bereits frühzeitig die Angst vor den Risiken einer Online-Bestellung nehmen. Insbesondere Erstkunden versuchen das Risiko durch einen niedrigen Einkaufswert zu minimieren. Electronic-Commerce-Anbieter können diesem Bedürfnis entsprechen, indem sie Produkte aus dem Niedrigpreissortiment anbieten sowie etablierte Sicherheitsstandards wie SSL unterstützen. Eine weitere Möglichkeit, das subjektive Risikoempfinden des Kunden zu minimieren, ist die Aus-zeichnung des Electronic-Commerce-Angebots durch einen unabhängigen Zertifizie-rungsservice. Dieser prüft das Angebot unter bestimmten Qualitätsgesichtspunkten und vergibt nach objektiven Maßstäben eine entsprechende Zertifizierung.

Die Akzeptanz eines Online-Angebots wird maßgeblich auch durch den Service des An-bieters bestimmt. Eine Untersuchung des US-Marktforschungsunternehmens Forrester Research zeigte, daß bei Electronic-Commerce-Angeboten zwei Drittel aller erzeugten Warenkörbe vom Kunden letztendlich nicht bestellt werden . Um dieses Kundenpotential nicht zu verlieren, sollten Electronic-Commerce-Anbieter einfache Preisstrukturen anbieten und beispielsweise die Versandkosten der Waren übernehmen. Für Wiederholungskäufer sollte der Zugang zum Angebot möglichst einfach sein und nur wenige Hürden bieten. Der Buchversender Amazon bietet beispielsweise mit der sogenannten 1-Klick-Bestellung Wiederholungskäufern die Möglichkeit, mit wenigen Mausklicks eine neue Bestellung zu generieren, ohne Kontakt- und Zahlungsinformationen wiederholt eingeben zu müssen.

2.1.2.2 One-to-One-Marketing

Für den Erfolg eines Online-Vertriebs ist die Serviceorientierung des Anbieters ein wichti-ges Kriterium. Dank der Kommunikationsmöglichkeiten des globalen Internet ist erstmals ein effizientes und effektives One-to-One-Marketing möglich. Das auf Don Peppers und Martha Rogers zurückgehende One-to-One-Marketingkonzept unterscheidet sich grundsätzlich vom traditionellen Massenmarketing und stellt die einzelne Kundenbezie-hung in den Mittelpunkt. Im Rahmen des One-to-One-Marketing-Konzepts stellt der Kunde über die Zeitdauer der Kundenbeziehung für den Anbieter einen gewissen Wert dar. Dieser Wert ergibt sich aus der Summe der zu erwartenden Einnahmen während der Durchführung einer Kundenbeziehung abzüglich der Kosten für die Kundenaquise sowie für die Durchführung der Kundenbeziehung .

Das One-to-One-Marketing-Konzept verfolgt das Ziel, durch nutzenorientierte Services den Kunden für das Unternehmen zu gewinnen und bereits während der Anbahnung und Durchführung der Geschäftsbeziehungen die Bedürfnisse des Kunden zu ermitteln. Ge-lingt es, die Bedürfnisse des Kunden kennenzulernen, lassen sich elektronische Kunden-profile anlegen, mit dessen Hilfe dem Kunden individualisierte Angebote zur Verfügung gestellt werden können, wodurch besonders dauerhafte und wertschöpfungsoptimale Kundenbeziehungen entstehen.

Abbildung 2: Kommunikation im One-to-One-Marketing

Das Etablieren individueller Kundenbeziehungen im Rahmen des One-to-One-Marketings erfolgt in vier Phasen:

• Identifikation: Zunächst gilt es, den Besucher des Electronic-Commerce-Angebots als Bestands- oder Neukunden zu identifizieren. Da über Bestandskunden bereits digitale Informationen vorliegen, kann der Bestandskunde als solcher erkannt und mit persönlichen Services begrüßt werden. Das Erkennen von Bestandskunden er-folgt beispielsweise durch Cookies oder durch die Identifikation mit einem Benut-zernamen bzw. Paßwort. Bei Neukunden gilt es, zunächst die technischen Möglich-keiten des Neukunden zu ermitteln, um das Angebot im Folgenden optimal auf die Möglichkeiten des Kunden abstimmen zu können.

• Differenzierung: In der zweiten Phase erfolgt eine Differenzierung der Kunden hin-sichtlich ihrer Anforderungen und Bedürfnisse. Sofern diese Informationen ermittelt werden können, erfolgt im weiteren Verlauf die Generierung individualisierter Inhalte und Navigationsinstrumente, die individuell auf den Kunden zugeschnitten sind. Er-kannte Vorliebe, Preissensitivität und Zugehörigkeit zu bestimmten Kundengruppen ermöglichen die gezielte Ansprache des Kunden, individuelle Preisgestaltungen und den Einsatz von Cross-Selling . Hat ein Kunde beispielsweise bei einem Musikver-sand bislang vornehmlich klassische Musik bestellt, erhält er beim nächsten Besuch des Angebots sofort aktuelle Angebote aus dem Bereich der klassischen Musik. An-gebote, die nicht seinem Nutzerprofil entsprechen – beispielsweise Jazzmusik – sind zwar im Angebot verfügbar, werden allerdings nicht so auffällig angeboten.

• Interaktivität: Für eine langfristige Bindung des Kunden an das Unternehmen spielt die Interaktivität zwischen Kunde und Anbieter eine besondere Rolle. Durch die In-teraktion erfährt der Anbieter durch den Kunden dessen Bedürfnisse und Anforde-rungen. Somit läßt sich für Bestandskunden festhalten, für welche Produkte sich Kunden in der Vergangenheit interessiert haben und welche Produkte letzten Endes vom Kunden gekauft wurden. Die gespeicherten Informationen lassen sich anschlie-ßend für Cross-Selling- und Up-Selling-Aktionen einsetzen.

• Customizing: Erfolgreiche Electronic-Commerce-Anbieter gehen noch einen Schritt weiter und bieten parameterisierbare Produkte und kundenindividuelle Services an. Der Kunden kann sich mittels interaktiver Konfigurationssysteme – im gewissen Rahmen – das Produkt nach eigenen Vorstellungen konfigurieren. Hierdurch verrin-gert sich zum einen die Fehlerquote bei der Auslieferung komplexer Produkte, zum anderen wird die Kundenzufriedenheit erhöht. Da sämtliche Daten bereits in digitaler Form vorliegen, lassen sich die parameterisierten Produktionsdaten direkt in den Produktionsprozeß einbinden. Dieses Build-to-Order-Prinzip konnte beispielsweise der US-amerikanische Computerhersteller Dell beim Verkauf von Personal Compu-tern erfolgreich umsetzen.

Abbildung 3: Der Computer-Hersteller Dell erlaubt seinen Kunden, via Internet individuell ausgestattete PCs zu bestellen

2.1.2.3 Kundenorientierung

Mit dem Einzug des Internet in die Geschäftsprozesse der Unternehmen geht eine radi-kale Veränderung der Wertschöpfungsketten einher. Die traditionell von innen nach außen verlaufenden produzentenorientierten Wertschöpfungsketten wandeln sich dank des Mediums Internet zur kundenorientierte Wertschöpfungskette.

Abbildung 4: Produzentenorientierte und kundenorientierte Wertschöpfungsketten

In der kundenorientierten Wertschöpfungskette steht der Kunde im Mittelpunkt der Ge-schäftsprozesse. Er kann durch Selbstbedienung, transparente Schnittstellen, Feedback und Interaktion rund um die Uhr mit dem Produzenten in Verbindung stehen. Dies erfor-dert oftmals einen tiefgreifenden Wandel der Organisationsstruktur eines Unternehmens.

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