Viele Verkehrsregeln sorgen für Verwirrung. So auch der Paragraph 20 der Straßenverkehrsordnung, der das Überholen von Bussen mit eingeschaltetem Warnblinklicht regelt. Die Meinungen gehen auseinander: Vom Vorbeifahren nur in Schrittgeschwindigkeit über Tempo 30 bis zu „Wenn der in der Haltestelle steht, kann ich normal vorbeifahren“ lauten die Auffassungen. Richtig ist Folgendes:
Wenn der Bus sich der Haltestelle nähert
Nähert sich der Bus – ob Schul- oder Linienbus – der Haltestelle, ist es wichtig, ob er nur nach rechts blinkt oder dabei die Warnblinkanlage einschaltet. Fährt der Bus mit eingeschaltetem Warnblinklicht die Haltestelle an, darf er nicht mehr überholt werden. Beim Anfahren der Bushaltestelle mit eingeschaltetem Warnblinker gilt absolutes Überholverbot. Nähert er hingegen sich nur mit dem rechten Blinker der Haltestelle, darf überholt werden. Wer trotzdem überholt, muss mit 40 Euro Bußgeld und einem Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei rechnen. Für Fahranfänger mit Führerschein auf Probe gilt das Überholen als schwerwiegender Verkehrsverstoß.
Wenn der Bus in der Haltestelle steht
Anders sieht es aus, wenn der Bus bereits in der Haltestelle steht. Hier gilt: An einem Linienbus oder Schulbus, der mit eingeschaltetem Warnblinklicht an einer Haltestelle steht, darf nur mit Schrittgeschwindigkeit (4 bis 7 km/h) vorbeigefahren werden. Ganz wichtig: Das gilt für beide Fahrtrichtungen. Auch wenn der Bus an der gegenüberliegenden Haltestelle mit Warnblinklicht hält, gilt die Schrittgeschwindigkeit. Auch der Gegenverkehr darf nicht schneller als mit Schrittgeschwindigkeit an dem Bus vorbeifahren. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob der Bus in einer eigenen Haltestellenbucht oder direkt auf der Straße steht.
Die Regelung gilt sogar auch, wenn mehrere Fahrstreifen – etwa auf einer vierspurigen Straße – zwischen dem Bus und dem Gegenverkehr liegen. Einzige Ausnahme bilden baulicht getrennte Fahrbahnen (Leitplanke, Grünstreifen, Mittelstreifen o.ä.) – hier darf der Gegenverkehr normal weiterfahren. Ein Verstoß wird mit 60 Euro Bußgeld geahndet. Eine Radarmessung ist hierzu nicht notwendig – es reicht der augenscheinliche Eindruck eines Polizeibeamten.
Steht der Bus ohne Warnblinklicht oder nur mit dem rechten Blinker an der Bushaltestelle, ist keine Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben. Trotzdem sollte auch hier mit erhöhter Vorsicht vorbeigefahren werden.
Der Gesetzestext im Detail
Im Detail lautet der Paragraph 20 der Straßenverkehrsordnung folgendermaßen:
StVO § 20 Öffentliche Verkehrsmittel und Schulbusse
1. An Omnibussen des Linienverkehrs, an Straßenbahnen und an gekennzeichneten Schulbussen, die an Haltestellen (Zeichen 224) halten, darf, auch im Gegenverkehr, nur vorsichtig vorbeigefahren werden.
2. Wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen, darf rechts nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Sie dürfen auch nicht behindert werden. Wenn nötig, muss der Fahrzeugführer warten.
3. Omnibusse des Linienverkehrs und gekennzeichnete Schulbusse, die sich einer Haltestelle (Zeichen 224) nähern und Warnblinklicht eingeschaltet haben, dürfen nicht überholt werden.
4. An Omnibussen des Linienverkehrs und gekennzeichneten Schulbussen, die an Haltestellen (Zeichen 224) halten und Warnblinklicht eingeschaltet haben, darf nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Die Schrittgeschwindigkeit gilt auch für den Gegenverkehr auf derselben Fahrbahn. Die Fahrgästen dürfen auch nicht behindert werden. Wenn nötig, muss der Fahrzeugführer warten.
5. Omnibussen des Linienverkehrs und Schulbussen ist das Abfahren von gekennzeichneten Haltestellen zu ermöglichen. Wenn nötig, müssen andere Fahrzeuge warten.
6. Personen, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen wollen, müssen sie auf den Gehwegen, den Seitenstreifen oder einer Haltestelleninsel, sonst am Rand der Fahrbahn erwarten.