Die HTML-Sprache hat in den letzten Jahren einige wichtige Entwicklungen durchgemacht. Bereits in der ersten Version, die von Tim Berners-Lee am Europäischen Institut für Teilchenphysik (CERN) in Genf entwickelt wurde, war die HTML-Sprache mächtig genug, um den Grundstein für den durchschlagenden Erfolg des World Wide Web zu legen. Die Sprache war von Anfang an recht einfach aufgebaut und auch mit relativ wenigen Elementen einfach zu bedienen. Es fehlten jedoch interaktive Elemente, um beispielsweise per Formular Benutzereingaben abzufragen – eine unabdingbare Voraussetzung für die kommerzielle Nutzung des Webs, um beispielsweise Produktbestellungen entgegennehmen zu können.
SGML, der Vorläufer von HTML
HTML ist nicht die erste erfolgreiche Dokumentbeschreibungssprache. HTML basiert auf SGML (Standard Generalized Markup Language), einer international standardisierten Sprache für systemübergreifenden Dokumentaustausch. Wie HTML beschränkt sich SGML auf die Beschreibung der logischen Strukturen eines Dokuments. Bereits im Oktober 1986 veröffentlicht, ist dieser Standard besonders auf dem amerikanischen Markt sehr weit verbreitet. Vor allem die Automobil- und Raumfahrtindustrie bedient sich des SGML-Standards.
Um die Sprache des WWW zu standardisieren und auf ein einheitliches Fundament zu stellen, schlossen sich 1994 verschiedene Industrie-Unternehmen zum World Wide Web Consortium (W3C) zusammen. Derzeit gehören dem Konsortium klangvolle Namen wie Adobe Systems, AT&T, Canon, Deutsche Telekom, France Telecom, Hewlett Packard, Intel, Microsoft, Siemens-Nixdorf oder Xerox an. Insgesamt kümmern sich beim W3C nicht weniger als 189 Mitglieder um die Standardisierung des World Wide Web. Zu Beginn trafen die Bemühungen auf fruchtbaren Boden. 1995 veröffentliche das W3C den HTML-Standard 2.0. Er erweiterte das World Wide Web um interaktive Formulare zur Kommunikation zwischen dem Anbieter und dem Leser von Web-Seiten. Da sich die meisten Hersteller von World-Wide-Web-Software an den Standard hielten, machte es im Prinzip keinen Unterschied, ob eine Web-Seite mit dem Browser des einen oder des anderen Herstellers betrachtet wurde. Dank des Standards sah praktisch jede Seite in jedem Browser gleich aus.
Die Ehe zwischen den Software-Schmieden und dem W3-Konsortium war jedoch nicht von langer Dauer. Allen voran ging es der amerikanischen Netscape Corporation – einem der Pioniere in Sachen World-Wide-Web-Software – nicht schnell genug. Die Netscpae-Programmierer sprühten vor Ideen und erweiterten die HTML-Sprache eigenhändig um neue Funktionen. Der Netscape Navigator, so der Name des Netscape-Browser, konnte beispielsweise Tabellen darstellen oder Textpassagen blinken lassen; Funktionen, die der W3C-Standard noch nicht vorsah.
Der Alleingang Netscapes wurde mit Erfolg belohnt: Da der Marktanteil des Navigators weit über 80 Prozent lag, entwickelten sich die Netscape-Erweiterungen zum Quasi-Standard für das World Wide Web. Allerdings hat der Alleingang einen bitteren Nachgeschmack: In den Genuß der proprietären (herstellereigenen) Erweiterungen kommen nur Besitzer des Netscape-Produkts, alle anderen Browser schauen praktisch in die Röhre; die Erweiterungen werden bei Konkurrenzprodukten einfach nicht angezeigt. Es sei denn, die Konkurrenz übernimmt die Netscape-Erweiterungen. Und genau das geschah bei den anderen Browsern. Netscape konnte mit den eigenen Erweiterungen einen Quasi-Standard etablieren.
Doch nicht nur Netscape kocht sein eigenes Süppchen. Auch das direkte Konkurrenzprodukt, der Internet Explorer von Microsoft, verfügt über Funktionen, die weit über den HTML-Standard des W3-Konsortiums hinausgehen. Hierzu gehört beispielsweise animierter Lauftext oder Hintergrundmusik. Einige der von Netscape und Microsoft initiieren Neuentwicklungen flossen in den offiziellen HTML-Standard 3.0 des W3C ein. Während der bereits von Netscape und Microsoft umgesetzten Unterstützung von Tabellen ermöglicht der derzeit aktuelle W3C-Standard beispielsweise die Textausrichtung, Farb-, Schriftart- und Hintergrundgestaltung, das Umfließen von Bildern sowie die Darstellung von mathematischen Formeln.