Diplomarbeit "Eine Klassifizierung von Geschäftsmodellen im Internet" – Chancen des Electronic Commerce

Auszug aus der Diplomarbeit „Eine Klassifizierung von Geschäftsmodellen im Internet„.

2.4 Folgen des Electronic Commerce für traditionelle Geschäfts-modelle

Mit dem Electronic Commerce und weiteren Geschäftsmodellen im Internet gehen weit-reichende Veränderungen in zahlreichen Branchen und Unternehmen einher. Das Internet als neues Kommunikations- und Handelsmedium verändert die Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen, läßt neue Produkte und Märkte entstehen und führt weitreichende Veränderungen traditioneller Geschäftsmodelle herbei. Auf den nachfol-genden Seiten werden zunächst die Chancen und Risiken des Electronic Commerce und anschließend die direkten Auswirkungen auf traditionelle Geschäftsmodelle betrachtet.

2.4.1 Chancen des Electronic Commerce

Die digitale Geschäftsabwicklung durch Electronic Commerce gehört zu einem der be-deutendsten geschäftlichen Anwendungsgebiete im Internet. Daher werden im folgenden die speziellen Vorteile und Nutzenpotentiale des Electronic Commerce als eines vieler möglicher Geschäftsmodelle aufgezeigt.

Im allgemeinen bietet die digitale Geschäftsabwicklung des Electronic Commerce folgen-de Vorteile :

Beschleunigung: Durch die 24-Stunden-Onlineverfügbarkeit und die kaum zeitverzögerte Übermittlung von Informationen – z.B. via E-Mail – erfahren Transaktions- und Informa-tionsprozesse eine deutliche Beschleunigung.

Einsparung: Der Einsatz elektronischer Kommunikationswege erspart Informations-, Kommunikations- und Transaktionskosten.

Zeitliche Unabhängigkeit: Sämtliche Transaktionen sind rund um die Uhr unabhängig von der Zeit durchführbar. Dennoch können Kommunikationsprozesse dank der interakti-ven Möglichkeiten des Internet ihren persönlichen Charakter behalten, selbst wenn es sich an ein Massenpublikum wendet. Beispielsweise können Auftragsbestätigungen oder kundenspezifische Rundbriefe die individuelle Anrede oder andere kundenspezifische Informationen enthalten.

Örtliche Unabhängigkeit: Das Internet als weltweit verfügbares, standardisiertes Medium macht Transaktionsprozesse praktisch unabhängig von geographischen Gegebenheiten. Electronic Commerce im Internet ermöglicht somit internationale Aktivitäten mit geringem Aufwand.

Das Internet bietet somit gerade für den Bereich Electronic Commerce weitreichende Nutzenpotentiale, die in der Abbildung 10 dargestellt sind.

Abbildung 10: Nutzenpotentiale des Electronic Commerce

Kosteneinsparungen: Durch den Einsatz digitaler Informations- und Kommunikations-Technologien lassen sich insbesondere bei Transaktionen erhebliche Kosteneinsparun-gen erzielen. Die elektronische Geschäftsabwicklung reduziert Personalkosten, indem beispielsweise Abstimmungsvorgänge vereinfacht und Mehr-/Doppelarbeit – etwa durch Medienbrüche – vermieden werden. Dank einer verbesserten Markttransparenz, der Möglichkeit kurzfristiger Beschaffungsvorgänge und damit verbundener reduzierter La-gerhaltung sowie erweiterter Auswahlmöglichkeiten bei der Wahl der Zulieferer werden die Beschaffungskosten senken. Bezüglich der Lagerhaltung ist zwischen den Lagerhal-tungskosten für digitale und nicht digitale Produkte zu differenzieren. Da bei nicht digita-len Produkten wie Computer-Software oder Content für Online-Magazine die Lagerhal-tungskosten fast vollständig entfallen, ergeben sich weitere Potentiale zur Produktivitäts-steigerung. Die Entwicklungs- und Produktionskosten reduzieren sich durch die unter-nehmensweite Vernetzung sowie den Einsatz integrierter computergestützter Systeme wie CAD, CIM oder Virtual Reality. Abbildung 11 zeigt anhand von Beispielen für Flugtickets, Bankgeschäften, Versicherungsleistungen und das Rechnungswesen, welche Kostensenkungen bei fast allen kommerziellen Transaktionen möglich sind.

Abbildung 11: Kostensenkungspotential des Internet

Weitere Einsparpotentiale ergeben sich im Bereich des Kundendienstes. Eine Experten-gruppe von Andersen Consulting ermittelte, daß die Abwicklung des Kundendienstes über das Internet im Durchschnitt nur ein Zehntel der Kosten beträgt, die eine vergleich-bare Lösung mittels Service-Telefon verursacht .

Besonders signifikante Kosteneinsparungen ergeben sich im Bereich der Marketing- und Vertriebskosten, insbesondere da im Geschäftsfeld des Electronic Commerce der Aufbau flächendeckender Vertriebsstrukturen – sowie durch den Direktvertrieb und die Umgehung des Handels – die Handelsspannen entfallen. Die größten Einsparungen ergeben sich bei digitalen Produkten, die digital hergestellt und vertrieben werden, beispielsweise Software, Finanzdienstleistungen oder Reisetickets. Laut OECD liegen die Einsparungen der Distributionskosten bei digitalen Produkten zwischen 50% und 90% .

Zeiteinsparungen: Die technologischen Möglichkeiten des Internet wie E-Mail, Group-ware, Data-Warehousing, Videoconferencing oder Electronic Data Interchange (EDI) bewirken eine erhebliche Zeiteinsparung bei zwischenbetrieblichen Informationsflüssen. Dies gilt insbesondere im Bereich der Produktentwicklung, da Mitarbeiter beispielsweise weltweit 24 Stunden pro Tag an Projekten arbeiten können. Da die Informationen in den meisten Fällen in standardisierten oder leicht konvertierbaren Formaten vorliegen, ergibt sich zudem eine erhebliche Verkürzung der Durchlauf-, Abwicklungs- und Reaktionszei-ten. Laut einem Bericht des OECD konnten in zahlreichen Unternehmen durch Electronic Commerce im Bereich der Bestellabwicklung Einsparungen zwischen 50% und 96% erzielt werden .

Absatzsteigerungen: Da im Electronic Commerce Geschäftszeiten, gesetzliche Laden-öffnungszeiten oder Arbeitszeiten von Personal keine Rolle spielen, sondern dank des Internet eine kontinuierliche Marktpräsenz rund um die Uhr stattfindet, erzielen Electronic-Commerce-Anbieter eine Steigerung des Absatzpotentials. Durch das Internet können zudem zu vergleichsweise geringen Kosten neue internationale Märkte erschlossen werden. Die erweiterten Möglichkeiten des elektronischen Handels lassen des weiteren neue Produkte und Dienstleistungen entstehen und ermöglichen die Bearbeitung völlig neuer Kundensegmente.

Verbesserte Wettbewerbssituation: Zur Steigerung der eigenen Wettbewerbsposition und zur Vervollständigung der unternehmensspezifischen Kernkompetenzen spielen Kooperationen und Netzwerke zwischen Unternehmen oftmals eine große Rolle. Das Internet gewährleistet hierbei einen schnellen und reibungslosen Austausch von Informa-tionen und digitalen Daten zwischen den kooperierenden Unternehmen.

Verbesserte Kundenorientierung: Die weltweite Verfügbarkeit sowie die standardisierten Schnittstellen des Internet ermöglichen eine optimierte Kundenbindung mit dem Resultat höherer Kundenzufriedenheit. Beispielsweise können Electronic-Commerce-Anbieter mit relativ geringem Aufwand Kunden auch nach dem Kauf an das Unternehmen binden, indem sie beispielsweise Zugang zu Support-Datenbanken bieten oder interaktive Anleitungen und Hilfestellungen online zur Verfügung stellen.

Die technischen Potentiale des Internet ermöglichen zudem eine interaktive Gestaltung der Kundenbeziehungen im Rahmen des One-to-One-Marketing mit der Möglichkeit individualisierter Massenprodukte und Dienstleistungen. Die multimedialen Eigenschaften des Internet, wie interaktive Preisausschreiben oder optisch ansprechend gestaltete Spiele, schaffen für den Kunden eine positive Erlebniswelt – das sogenannte „Entertain-ment-Shopping“ .

Eine zunehmende Produktvielfalt kann durch automatisierte Beratungsleistungen, die zum Teil der Beratung im persönlichen Kontakt entspricht, erleichtert werden und verringert das Risiko von Fehlkäufen. Das Musikangebot von Amazon.com bietet beispielsweise im „Recommendation Center“ Empfehlungen zum Aufbau einer CD-Sammlung in ausgesuchten Musikkategorien.

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