Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stiftete an, dass Kindergärten und Seniorenheime für geliefertes Essen künftig nur noch den verringerten Mehrwertsteuersatz bezahlen sollen. Dadurch entsteht in absehbarer Zeit aber erst recht Chaos. Kein Wunder, dass Experten bereits einen vereinheitlichten Steuersatz von 17% fordern.
Was wird billiger, was wird teurer?
Das Mehrwertsteuer-Chaos wird vermutlich auch Sie als Verbraucher betreffen. Hintergrund des verringerten Satzes ist, dass Grundnahrungsmittel jedem zur Verfügung stehen sollen – an ihnen will der Staat nicht unnötig verdienen. Dadurch, dass nun aber geliefertes Essen mit dem verringerten Satz besteuert werden soll, wirkt sich das auch auf andere Aspekte der Versorgung mit Lebensmitteln aus. Beispielsweise ist es derzeit günstiger, eine Currywurst im Stehen zu essen – dann zahlen Sie nur 7% Umsatzsteuer. Wenn Sie stattdessen den Sitzplatz bevorzugen, zahlen Sie den vollen Satz von 19 Prozent. Allerdings steht auch dieser Umsatzsteuer-Irrsinn zur Diskussion. Die komplizierte Umsatzsteuer-Regelung für Currywurst, Popcorn oder Pommes sollen sich bald wieder ändern.
Die Ausnahme von der Ausnahme
Im Umsatzsteuergesetz gibt es derzeit 54 Ausnahmen, für die der ermäßigte Steuersatz gilt. Und natürlich gibt es Ausnahmen von den Ausnahmen. Wie verwirrend die Regelungen für den verminderten Mehrwertssteuersatz sind, zeigen die vielen Sonderfälle, etwa:
Der verminderte Mehrwertsteuer gilt für: | Aber nicht für: |
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Fische und Krebstiere, Weichtiere und andere wirbellose Wassertiere | Zierfische, Langusten, Hummer, Austern und Schnecken |
Zubereitungen von Fleisch, Fischen oder von Krebstieren, Weichtieren und anderen wirbellosen Wassertieren | Kaviar sowie zubereitete oder haltbar gemachte Langusten, Hummer, Austern und Schnecken |
Wasser | Trinkwasser, Quellwasser, Heilwasser, Heilwasserdampf sowie Tafelwasser, das in zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Fertigpackungen verkauft wird. |
Milch und Milcherzeugnisse. Vogeileier und Eigelb. | Ungenießbare Eier ohne Schale und ungenießbares Eigelb. Natürlicher Honig. |
Tierische oder pflanzliche Düngemittel | Guano |
Künstliche Gelenke | Teile und Zubehör |
Schwerhörigengeräte, Herzschrittmacher und andere Vorrichtungen zum Beheben von Funktionsschäden oder Gebrechen, zum Tragen in der Hand oder am Körper oder zum Einpflanzen in den Organismus | Teile und Zubehör |
Zubereitungen von Gemüse, Früchten, Nüssen oder anderen Pflanzenteilen | Frucht- und Gemüsesäfte |
Schiffstouren auf Rhein und Mosel | Schiffstouren über 50 Kilometer |
Steine und Kerne von Früchten sowie andere pflanzliche Waren, die hauptsächlich der Ernährung dienen | Algen, Tang und Zuckerrohr |
Tierische und pflanzliche Fette und Öle sowie deren Fraktionen, ganz oder teilweise hydriert, umgeestert, wiederverestert oder elaidiniert, auch raffiniert, jedoch nicht weiterverarbeitet | Hydriertes Rizinusöl (sog. Opalwachs), |
Margarine; genießbare Mischungen und Zubereitungen von tierischen oder pflanzlichen Fetten und Ölen sowie von Fraktionen verschiedener Fette und Öle. | Form- und Trennöle |
Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in Teilheften, losen Bogen oder Blättern, zum Broschieren, Kartonieren oder Binden bestimmt, sowie Zeitungen und andere periodische Druckschriften kartoniert, gebunden oder in Sammlungen mit mehr als einer Nummer in gemeinsamem Umschlag | Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, die überwiegend Werbung enthalten |
Zeitungen und andere periodische Druckschriften, auch mit Bildern oder Werbung enthaltend | Anzeigenblätter, Annoncen-Zeitungen und dergleichen, die überwiegend Werbung enthalten |
Warum wird es nicht zur Vereinheitlichung kommen?
Dass es niemals zu einer lange herbeigesehnten Vereinheitlichung der Steuersätze in Deutschland kommen wird, kann natürlich nicht sicher gesagt werden. Allerdings gilt als relativ sicher, dass sie so schnell nicht eingeführt wird, denn dafür wäre die geschlossene Zustimmung von Bund und Ländern erforderlich. Es gibt zwar Berechnungen, die aufzeigen, dass der Staat an einer einheitlichen Mehrwertsteuer von 17% mehr verdienen könnte als an der aktuellen Kombination aus verringertem und vollem Satz, doch es gab bereits 2011 eine eigene Kommission, die die Ausnahmeregelungen übersichtlicher gestalten sollte – bisher hat sie kein einziges Mal getagt. Die Mehrwertsteuer ist eine der wichtigsten staatlichen Einnahmequellen; kein Wunder also, dass sich der Staat ihr mit besonderer Vorsicht und Umsicht nähert.