VoIP-Internettelefonie: Codecs und Protokolle (Teil 1: Protokolle)

Jetzt wird es technisch, es bleibt aber interessant: Das Wissen über die technischen Details der Internet-Telefonie sind zwar für das tägliche Telefongespräch nicht so wichtig, es kann aber recht praktisch sein, Fachbegriffe wie SIP-Protokoll oder G.711-Codecs zu kennen. Beispielsweise dann, wenn es bei den VoIP-Gesprächen zu Aussetzern kommt und eventuell ein anderer Codec Abhilfe schafft.

Das Geheimnis der Internet-Telefonie versteckt sich in zwei wichtigen Bausteinen, die auf den nachfolgenden Seiten ausführlich erläutert werden:

– Protokoll

Das Protokoll regelt alle Einzelheiten des Telefongesprächs: Das Klingeln, das Anklopfen, das Besetztzeichen, die Anzeige der Rufnummer und natürlich die Übertragung des Gesprächs selbst – kurz: alle Funktionen, die Sie beim Telefonieren erwarten und vom klassischen Telefon bereits kennen.

– Codecs

Der so genannte Codec ist das Herzstück der Internet-Telefonie: Er sorgt für die Umwandlung der Sprache in digitale Internet-Daten und bestimmt die Sprachqualität. Aber auch wie viel Bandbreite dabei verbraucht wird. Für jeden Bedarf und jeden Internet-Anschluss – von ISDN bis DSL – gibt es den optimalen Codec.

Protokolle: Die Straßenverkehrsordnung für den Telefonverkehr

Regeln müssen sein. Nicht nur im Straßen-, auch im Telefonverkehr. Und dort ganz besonders. Denn bei Millionen von Telefongesprächen, die tagtäglich im Internet hin- und her flitzen, muss es geregelt vonstatten gehen.

Genau diese Regeln werden Protokolle genannt. Das Protokoll ist das Regelwerk, nach dem ein Telefongespräch im Internet abläuft. Vom ersten Klingeln über das eigentliche Gespräch bis zum Auflegen.

Dreikampf der Protokolle

Die Krux an der Sache: Für die Internet-Telefonie existieren gleiche mehrere Protokolle, die miteinander konkurrieren. Internet-Telefonie ist also nicht gleich Internet-Telefonie. Zurzeit spalten drei unterschiedliche Protokolle das VoIP-Lager. Doch keine Sorge: Es gibt einen ganz klaren Sieger, der auch in Zukunft bei der Internet-Telefonie bestimmend sein wird.

Folgende drei Regelwerke konkurrieren um die Gunst der Internet-Telefonierer:

H.323 – Der Pionier

Die Internet-Telefonie ist nicht neu. Bereits 1996 entstand das erste marktreife Protokoll, das Telefongespräche über das Internet ermöglichte. Der kryptische Name: H.323. Lange Zeit war H.323 in Sachen VoIP das Maß aller Dinge. Alle VoIP-Telefone funktionierten zunächst ausschließlich nach dem H.323-Prinzip.

Das funktionierte zwar einwandfrei, allerdings hat das Protokoll einen entscheidenden Nachteil, der lange Zeit den Durchbruch der Internet-Telefonie blockierte: H.323 bereitet sehr oft Probleme beim Einsatz von Firewalls und so genannten NAT-Netzwerken – das sind Netzwerke hinter einem Router wie sie klassischerweise im Privatbereich bei DSL-Routern anzutreffen sind. Das Konfigurieren der H.323-Telefone und der Firewalls war für Otto-Normal-Verbraucher viel zu kompliziert.

Ein weiterer Nachteil des H.323-Protokolls: Einige Telefonfunktionen sind im H.323-Protokoll nicht genau definiert. Zahlreiche Hersteller haben kurzerhand eigene Erweiterungen „gestrickt“, um die Lücke zu füllen. Mit der Folge, dass das Zusammenspiel zwischen den Endgeräten unterschiedlicher Hersteller mitunter scheitert.

Der Traum „Telefon anschließen und einfach lostelefonieren“ rückte damit in weite Ferne – einer der Hauptgründe, warum die Internet-Telefonie so lange ein Nischendasein fristete.

Das hat sich grundlegend mit dem moderneren SIP-Protokoll geändert. Heute ist H.323 nur noch im Business-Bereich anzutreffen. Im wesentlich größeren Privatbereich spielt H.323 keine Rolle mehr. Es stirbt aus.

Übrigens: Das Windows-Programm NetMeeting nutzt zur Kommunikation noch heute das H.323-Protokoll.

SIP – Der Sieger

Ganz klar: Das SIP-Protokoll (Session Initiation Protocol) ist der Sieger im Dreikampf der Protokolle. Es wurde 1999 entwickelt und ist wesentlich einfach und flexibler als das H.323. Bereits bei der Entwicklung des SIP-Protokolls wurde darauf geachtet, aus den „Fehlern“ des Vorgängers H.323 zu lernen. Für Entwickler besonders erfreulich: Alle Steuerinformationen zwischen den Gesprächspartnern werden beim SIP-Protokoll als leicht lesbare Textinformationen ausgetauscht. Auch hinter Firewalls und DSL-Routern lässt sich dank SIP problemlos telefonieren.

Weniger ist manchmal mehr: Gerade die Einfachheit ist das Erfolgsgeheimnis des SIP-Protokolls. Das SIP-Protokoll kann im Prinzip alles, was H.323 auch kann – nur einfacher. Das erleichterte sowohl die Arbeit der Telefonhersteller als auch der VoIP-Anbieter. Heute arbeiten fast alle Internet-Telefone und Internet-Telefonanlagen nach dem SIP-Protokoll.

SIP kann sogar noch mehr als nur Telefonieren: Das SIP-Protokoll lässt sich leicht erweitern und für den Austausch von Multimedia-Dateien (Filme, Musik u.ä.) für E-Learning oder für Computerspiele verwenden.

Skype – Der erfolgreiche Außenseiter

Beinahe hätte ein dritter Kandidat den Erfolg des SIP-Protokolls streitig gemacht: Skype. Erst 2003 entwickelt, räumte Skype in der VoIP-Szene zunächst kräftig auf. Der Grund: Skype gilt als „idiotensicher“: Einfach anmelden, ein Stück Software installieren, Headset anschließen und lostelefonieren. Ganz ohne Fummelei an Firewalls und anderen Einstellungen. Eine tolle Sache, zumal Gespräche zwischen Skype-Benutzern untereinander generell kostenlos sind.

Aber: Skype ist zwar kinderleicht zu bedienen – das war’s aber auch schon. Trotz des großen Erfolgs (knapp 300 Millionen Downloads) hat Skype mit einem großen Nachteil zu kämpfen. Das verwendete Skype-Protokoll ist ein so genanntes proprietäres Protokoll: Es kommt nur im Skype-internen Netzwerk zum Einsatz. Nur ein VoIP-Anbieter nutzt das Sykpe-Protokoll: Skype selbst. Alle anderen VoIP-Anbieter setzen dagegen auf das offene SIP-Protokoll. Das Skype-Netzwerk ist damit eine kleine, in sich geschlossene Welt – eine Insellösung im weltweiten VoIP-Meer.

Auch die Verbindung zwischen klassischen Telefonwelt mit Skype ist nicht einfach: Zwar gibt es mit den Dienste SkypeOut und SkypeIn die Möglichkeit, auch Festnetzanschlüsse zu erreichen oder von diesen angerufen zu werden – die Kosten liegen aber deutliche höher als bei anderen VoIP-Anbietern.

Last but not least gibt es kaum Telefone, die das Skype-Protokoll unterstüzten. Wer mit Skype telefonieren will, muss sich auf den PC plus Headset oder eine minimale Auswahl verfügbarer Telefone beschränken.

Unser Fazit: Skype wird zwar auch in Zukunft noch eine große Rolle spielen – nicht zuletzt durch die einfache Bedienung und die Integration in das Auktionshaus ebay. Allerdings liegt die Zukunft der Internet-Telefonie eindeutig beim SIP-Protokoll. Zum Ausprobieren und Schnuppern ist Skype aufgrund der kinderleichten Installation aber ideal.

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